Panikattacken

10 Minuten

Aktualisiert am 13. Dezember 2024

 

  • Kurzzeitig anhaltender Zustand extremen Angsterlebens
  • Typische Symptome sind Herzrasen, Atemnot, Schweißausbrüche
  • Auftreten als einzelne Episoden oder wiederkehrend möglich
  • Panikattacken können sich zu Panik- oder Angststörung verfestigen
  • Behandlung mit Psychotherapie + ggf. Medikamente sollte frühzeitig einsetzen

Panikattacken – wer kennt sie nicht?

 

Panikattacken können intensive Angstgefühle, Schweißausbrüche und Herzrasen auslösen und sind für Betroffene äußerst belastend. Solche Gefühle sind in der Bevölkerung keine Seltenheit. Die groß angelegte Studie des RKI zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) hat ermittelt, dass etwa 2,8 % der erwachsenen Frauen und 1,2 % der erwachsenen Männer hierzulande von einer Panikstörung mit häufigen Panikattacken betroffen sind1.

Wer ist von Panikattacken betroffen?

 

Panikattacken können theoretisch jeden treffen und in allen denkbaren Situationen auftreten. Trotzdem zeigt ein Blick auf die Statistik, dass es alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede gibt. Frauen leiden häufiger unter Panikattacken und Panikstörungen. Darüber hinaus manifestieren sich erste Angstattacken bei ihnen meist um das 30. Lebensjahr, während das erstmalige Auftreten bei Männern eher um das 20. oder das 40. Lebensjahr verortet wird.2

Was sind mögliche Ursachen von Panikattacken?

Die Ursachen für die belastenden Angstanfälle sind bis heute noch nicht eindeutig geklärt. Die Forschung geht davon aus, dass ein Zusammenspiel aus verschiedenen Faktoren verantwortlich ist. Darüber hinaus können externe Ursachen, wie zum Beispiel Drogenmissbrauch, zum Auftreten von Panikattacken führen.

Biologische Faktoren

 

Bei der Entwicklung von Panik- und Angststörungen kann die genetische Komponente eine Rolle spielen. Untersuchungen zeigen, dass familiäre Häufungen vorkommen. Zudem haben Forscher bereits vor einigen Jahren herausgefunden, dass Genmutationen die Entstehung von Panikattacken begünstigen können.3 Weiterhin können Veränderungen in einzelnen Gehirnregionen sowie im Gehirnstoffwechsel das Auftreten von Angstattacken bzw. Angsterkrankungen forcieren.

Psychische Faktoren

 

Panikattacken können ein begleitendes Symptom psychischer Erkrankungen, wie zum Beispiel Depressionen, sein. Darüber hinaus können im Sinne des klassischen Konditionierens entwickelte Verknüpfungen zwischen Reiz und Reaktion für die Entstehung von Panik verantwortlich sein. Hier entsteht oft der sogenannte Angstkreis, dessen signifikantes Merkmal die „Angst vor der Angst“ ist.

Weitere Faktoren

 

Erlebte Traumata, wie zum Beispiel der Biss eines Hundes oder ein Steckenbleiben im Fahrstuhl, können später in ähnlichen Situationen Panikattacken begünstigen. Auch Stress, dauerhafte Überforderung und akutes Überlastungsempfinden sind mögliche Auslöser.

Wie wird eine Panikattacke diagnostiziert?

 

Zunächst muss ermittelt werden, ob es sich um die Begleiterscheinung einer körperlichen Krankheit handelt oder ob die Panikattacke Anzeichen einer psychischen Erkrankung sind. Deshalb erfolgt sowohl eine körperliche Untersuchung als auch ein ausführliches Arzt-Patienten-Gespräch. Für die Diagnose wichtige Fragen sind u. a.:

 

  • Welche Symptome treten auf?
  • Wann bzw. in welchen Situationen treten die Symptome auf?
  • Seit wann treten die Attacken auf?
  • Leiden die Patienten unter anderen (psychischen) Symptomen?
  • Gibt es Begleiterscheinungen, die die Belastung verschlimmern/verringern?

Wie wird eine Panikattacke behandelt?

Aus einer einzelnen Panikattacke kann sich eine Panik- oder Angststörung entwickeln, welche die Lebensqualität Betroffener erheblich einschränken kann. Manche gehen in den sozialen Rückzug, um Trigger, d. h. potenzielle Auslöser einer Panikattacke, zu vermeiden. Andere versuchen, ihre Ängste mit Alkohol, Medikamenten oder Drogen zu betäuben. Diese Verhaltensweisen begünstigen die Ausbildung weiterer Erkrankungen wie Depressionen oder Suchterkrankungen. Eine rasche Behandlung ist daher essenziell, um die Angsterkrankung in den Griff zu bekommen und das Risiko von Begleiterkrankungen zu senken.

Psychotherapie

Sowohl bei spezifischen Phobien als auch bei generalisierten Angst- und Panikstörungen hat sich die Psychotherapie als probates Mittel zur Behandlung erwiesen. Verschiedene Studien zeigen u. a. eine hohe Wirksamkeit der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) bei Angst- und Panik-Störungen.4,5 Im Mittelpunkt dieser Therapie stehen Psychoedukation und Exposition. Indem sich Betroffene schrittweise ihren Ängsten stellen, lernen sie, diese zu überwinden.

Medikamente

Je nach individueller Situation können Medikamente den Betroffenen Linderung verschaffen. Dabei werden vorrangig Antidepressiva und ggf. kurzfristig Benzodiazepine eingesetzt. Diese bekämpfen allerdings nur die Symptome, indem sie zum Beispiel einen beruhigenden Effekt haben. Die Kontrolle über die Angst erhalten Patienten mithilfe dieser Medikamente nicht zurück. Sobald die Arzneimittel abgesetzt werden, kehren die Symptome daher oft zurück. Medikamente werden in der Regel nur flankierend zur Psychotherapie eingesetzt.

Weitere Möglichkeiten

Entspannungstechniken können im Rahmen der Therapie, aber auch unabhängig davon, helfen, Angst zu verringern bzw. in angstauslösenden Situationen nicht die Kontrolle zu verlieren. Neben Achtsamkeitstrainings, Meditation und progressiver Muskelentspannung können auch bestimmte Atemübungen (zum Beispiel bewusst gleichmäßig und langsam zu atmen) einen Effekt haben. In der Regel genügen Entspannungsübungen allein nicht, um Panikattacken zu behandeln.

Was tun bei Panikattacken im Alltag?

 

Was kann man selbst bei einer Panikattacke tun? Die wichtigsten Tipps lauten: Ruhe bewahren. Sich bewusst machen, dass es sich „nur“ um ein vorübergehendes Phänomen handelt. Die Atmung bewusst kontrollieren. Gegebenenfalls die Gedanken auf etwas Neutrales bzw. Angenehmes in der unmittelbaren Umgebung lenken.

Wichtig: Damit sich die Angststörung nicht verfestigt, ist es wichtig, Situationen, in denen Körper und Psyche mit starken Symptomen reagieren, nicht zu vermeiden. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass sich Muster verfestigen.

Welche langfristigen Auswirkungen können Panikattacken haben?

 

Unbehandelt können sich Panikattacken ausweiten zu Angst- und Panikstörungen (zum Beispiel generalisierte Angststörung oder Agoraphobie). Außerdem besteht die Gefahr für psychische Folgeerkrankungen wie Depressionen oder Substanzkonsumstörungen.

Hilfe bei Panikattacken finden

Die erste Anlaufstelle bei Panikattacken ist meist der Hausarzt. Daneben gibt es eine Vielzahl an regionalen und überregionalen Hilfsangeboten für Menschen, die von Angst- und Panikerkrankungen betroffen sind:

Online-Beratung Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene

Jugend Notmail (bis 19 Jahre)

bke-Jugendberatung (14 bis 21 Jahre)

B2gether (16 bis 25 Jahre)

Häufige Fragen zum Thema „Panikattacken“

 

Der Verlauf und die Dauer einer Panikattacke sind individuell verschieden. Im Extremfall können die stark belastenden Symptome über mehrere Stunden hinweg andauern. Normalerweise halten sie jedoch nur wenige Minuten an. Die meisten Betroffenen sind nach spätestens 30 Minuten wieder beschwerdefrei.

 

Eine Panikattacke ist eine Stressreaktion des Körpers, die unter anderem durch Stress und Überforderung bzw. Überlastung mitverursacht werden kann. Im Gegensatz zu Stress und Belastung wird die Panikattacke als extremer wahrgenommen und geht mit Angstgefühlen einher: Betroffene werden von ihren Gefühlen innerhalb weniger Augenblicke völlig überwältigt, es treten starke körperliche Symptome auf. Nach einigen Minuten ist der Zustand oft bereits wieder vorbei.

 

Als Außenstehender ist es wichtig, Ruhe zu bewahren. Den Betroffenen konkret anzusprechen, ihm gegebenenfalls zu erklären, dass er eine Panikattacke hat und die Symptome nicht lebensgefährlich sind, ist sinnvoll. Sollten die Beschwerden sich verschlimmern oder der Verdacht bestehen, dass es sich nicht um eine Angstattacke, sondern ein anderes medizinisches Problem handelt, ist gegebenenfalls der Notarzt zu rufen.

1 Jacobi, F. et al.: „Erratum zu: Psychische Störungen in der Allgemeinbevölkerung. Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland und ihr Zusatzmodul ‚Psychische Gesundheit‘ (DEGS1-MH)“, In: Der Nervenarzt 2016, S. 88-90, Berlin, Heidelberg 2015, S. 89, DOI 10.1007/s00115-015-4458-7, https://www.psychologische-hochschule.de/wp-content/uploads/2019/07/jacobi-degs-praevalenzen-nervenarzt_2014_incl-erratum.pdf

 

2 Sartory, Gudrun „Panikstörung“, In: Dorsch Lexikon der Psychologie, Februar 2022, https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/panikstoerung (Datum des Zugriffs: 06.08.2024)

 

3 Bundesministerium für Bildung und Forschung „Ein Gen, das Panik auslöst – Veränderte Genaktivität ist an der Entstehung von schwerwiegenden Panikattacken beteiligt“, Aus der Forschung 2010, https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/ein-gen-das-panik-ausloest.php (Datum des Zugriffs: 06.08.2024)

 

4 Papola D, Ostuzzi G, Tedeschi F, Gastaldon C, Purgato M, Del Giovane C, Pompoli A, Pauley D, Karyotaki E, Sijbrandij M, Furukawa TA, Cuijpers P, Barbui C. Comparative efficacy and acceptability of psychotherapies for panic disorder with or without agoraphobia: systematic review and network meta-analysis of randomised controlled trials. Br J Psychiatry. 2022 Sep;221(3):507-519. doi: 10.1192/bjp.2021.148. PMID: 35049483, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35049483/ (Datum des Zugriffs: 06.08.2024)

 

5 Papola D, Miguel C, Mazzaglia M, Franco P, Tedeschi F, Romero SA, Patel AR, Ostuzzi G, Gastaldon C, Karyotaki E, Harrer M, Purgato M, Sijbrandij M, Patel V, Furukawa TA, Cuijpers P, Barbui C. Psychotherapies for Generalized Anxiety Disorder in Adults: A Systematic Review and Network Meta-Analysis of Randomized Clinical Trials. JAMA Psychiatry. 2024 Mar 1;81(3):250-259. doi: 10.1001/jamapsychiatry.2023.3971. Erratum in: JAMA Psychiatry. 2024 Mar 1;81(3):320. doi: 10.1001/jamapsychiatry.2023.5480. PMID: 37851421; PMCID: PMC10585589, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37851421/ (Datum des Zugriffs: 06.08.2024)

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