Somatoforme Schmerzstörung

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Aktualisiert am 10. April 2025

 

  • Eine somatoforme Schmerzstörung ist durch anhaltende körperliche Schmerzen ohne organische Ursache gekennzeichnet.
  • Die Entstehung ist ein multifaktorieller Prozess, bei dem traumatische Erlebnisse, Stress und Belastungen eine Rolle spielen.
  • Viele Patienten müssen zahlreiche Ärzte aufsuchen, ehe sie die richtige Diagnose erhalten.
  • Langfristig kann die Störung zu Folgeerkrankungen wie Depressionen führen.
  • Die Behandlung kann ambulant oder stationär erfolgen und beinhaltet in der Regel Psychotherapie.
  • Eine Behandlung im Rahmen einer Rehabilitation ist grundsätzlich möglich.

 

Chronische Schmerzen – wenn Seelenschmerz zu Körperschmerz wird

Anhaltende Schmerzen ohne erkennbare körperliche Ursache – die sogenannte somatoforme Schmerzstörung – belasten nicht nur den Körper, sondern beeinträchtigen langfristig auch die Psyche der Betroffenen. Patienten haben meist eine regelrechte Ärzteodyssee hinter sich, ehe die korrekte Diagnose gestellt wird. Wie viele Menschen unter einer somatoformen Schmerzstörung leiden, ist nicht genau bekannt. Nach Expertenmeinung sind etwa 14 % der Allgemeinbevölkerung im Laufe ihres Lebens von einer somatoformen Störung betroffen.1

Wie entsteht eine somatoforme Schmerzstörung?

Schmerzstörungen, für die keine körperlichen Ursachen identifiziert werden können, werden auf eine Störung der Schmerz- und Stressverarbeitung zurückgeführt. Das bedeutet, dass Patienten, die unter dieser Störung leiden, Stress und Schmerzen intensiver empfinden als der Durchschnitt. Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird davon ausgegangen, dass mehrere Faktoren zusammenwirken können. Dazu gehören:

  • mögliche genetische Prädisposition
  • traumatische Erlebnisse im Kindes- oder Erwachsenenalter
  • belastete Eltern-Kind-Beziehung
  • anhaltender Stress und schwierige Lebenssituationen
  • ängstliche Selbstbeobachtung körperlicher Beschwerden
  • selbstunsichere und/oder ängstliche Persönlichkeitsstruktur

Wie erfolgt die Diagnostik einer somatoformen Schmerzstörung?

Bevor somatoforme Schmerzstörungen diagnostiziert werden können, müssen körperliche Ursachen zunächst ausgeschlossen werden. Für Betroffene bedeutet das in der Regel zahlreiche Termine und Untersuchungen bei Ärzten. Besonders wichtig ist dabei eine ausführliche Anamnese, bei der:

  • die Beschwerden genau dokumentiert werden,
  • biografische und psychische Belastungsfaktoren erfasst werden und
  • die Auswirkungen der Schmerzen auf das soziale und berufliche Leben abgefragt werden.

 

All diese Informationen helfen dabei, ein möglichst genaues Bild der Situation zu erhalten.

 

Wie und wo wird eine somatoforme Schmerzstörung behandelt?

Wie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung am besten behandelt wird, hängt vom Einzelfall ab. Eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung ist dabei entscheidend – oft ist der Hausarzt die erste Anlaufstelle. Grundsätzlich gibt es ambulante und stationäre Behandlungsmöglichkeiten:

Vielen Patienten, die unter chronischen Schmerzen ohne organische Ursache leiden, kann ein verbessertes Belastungs- und Stressmanagement helfen. Ziel ist es, dass Betroffene lernen, sich zu entspannen. Dazu können beispielsweise beitragen:

  • Physiotherapie
  • Achtsamkeitstraining und Meditation
  • Yoga und progressive Muskelentspannung

Auch die Psychoedukation spielt eine große Rolle: Der Arzt erklärt dem Patienten die Zusammenhänge zwischen Psyche und Körper. Ergänzend wird meist eine Psychotherapie empfohlen, wobei sich insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie bewährt hat.2

Für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit schweren psychosomatischen Schmerzen kann ein Aufenthalt in einer Klinik sinnvoll sein. Hier lernen die Betroffenen mehr über den Zusammenhang zwischen seelischen und körperlichen Symptomen und erhalten eine intensive Psychotherapie. In schweren Fällen kann auch eine medikamentöse Behandlung erforderlich sein.

Für Erwerbstätige mit somatoformen Störungen kann eine Rehabilitation sinnvoll sein. Besonders gute Ergebnisse zeigt dabei die verhaltensmedizinisch orientierte Rehabilitation (VOR-Reha), die speziell bei orthopädischen Beschwerden gute Resultate liefert. Ob und welche Reha geeignet ist, muss individuell entschieden werden.

Wie kann man einer somatoformen Schmerzstörung vorbeugen?

Da die Ursache einer somatoformen Schmerzstörung nicht im körperlichen, sondern im psychischen Bereich liegt, sollten Patienten ihr Stress- und Belastungsmanagement optimieren. Erfolgreiche Ansätze zur Vorbeugung sind:

  • Bewusster Stressabbau durch Meditation und Achtsamkeitstraining
  • Regelmäßige Bewegung zur Lösung von Anspannungen
  • Aufarbeitung von Belastungen in einer Therapie oder einem Coaching
  • Aufbau eines unterstützenden sozialen Umfelds
  • Gesunde Ernährung und eine feste Tagesstruktur
  • Etablierung einer guten Schlafhygiene

Hilfe bei somatoformen Schmerzstörungen finden

Wer unter chronischen Schmerzen leidet, sollte zunächst den Hausarzt aufsuchen. Dieser kann im Rahmen der Diagnostik selbst Untersuchungen durchführen oder an einen Facharzt verweisen. Ideal ist ein Arzt, der Erfahrung im Bereich der psychosomatischen Medizin hat. Eine ambulante psychotherapeutische Behandlung kann direkt über einen niedergelassenen Therapeuten beantragt werden. Eine stationäre Therapie kann vom Hausarzt eingeleitet werden.

Häufige Fragen zum Thema „somatoforme Schmerzstörung“

Zwischen Schmerzen aufgrund einer Verletzung oder Krankheit und somatoformen Schmerzen besteht grundsätzlich kein Unterschied. Die Beschwerden werden nicht weniger intensiv wahrgenommen – oft sogar als belastender. Gleichzeitig kann die Schmerzlokalisierung diffus sein, da der Schmerz ausstrahlen kann.

Die Begriffe „somatoform“ und „psychosomatisch“ werden oft synonym verwendet, bedeuten in der Medizin jedoch nicht dasselbe.

  • Somatoforme Schmerzen sind physische Schmerzen ohne erkennbare organische Ursache.
  • Psychosomatische Schmerzen treten im Rahmen einer chronischen Schmerzstörung auf und beinhalten sowohl psychische als auch organische Faktoren.

Menschen mit einer somatoformen Schmerzstörung leiden nicht nur körperlich und psychisch unter den belastenden Schmerzen. Die Erkrankung geht häufig auch mit weitreichenden psychosozialen Folgen einher. Dazu gehören eine möglicherweise verringerte berufliche Leistungsfähigkeit sowie eine geringere Lebensqualität. Zudem drohen Folgeerkrankungen wie zum Beispiel Abhängigkeitserkrankungen oder Depressionen.

1 Thieme via medici „Somatoforme Störungen: Überblick“, https://viamedici.thieme.de/lernmodul/8667066/8542998/ (Datum des Zugriffs: 09.12.2024)

2 Liu J, Gill NS, Teodorczuk A, Li ZJ, Sun J. The efficacy of cognitive behavioural therapy in somatoform disorders and medically unexplained physical symptoms: A meta-analysis of randomized controlled trials. J Affect Disord. 2019 Feb 15;245:98-112. doi: 10.1016/j.jad.2018.10.114. Epub 2018 Oct 22. PMID: 30368076, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30368076/ (Datum des Zugriffs: 09.12.2024)

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