Alkoholismus

10 Minuten

Aktualisiert am 9. April 2025

 

 

  • Alkoholismus / Alkoholsucht ist eine Erkrankung, die mehr als 1,4 Millionen Menschen betrifft.
  • Die Ursachen für eine Abhängigkeit sind individuell verschieden – biologische, psychische und soziale Faktoren spielen eine Rolle.
  • Alkoholsucht kann zu zahlreichen gesundheitlichen Schäden und Folgeerkrankungen führen.
  • Mit einem stationären Entzug, bestehend aus körperlicher Entgiftung und psychischer Entwöhnung, und einer sich daran anschließenden ambulanten Weiterbehandlung kann die Erkrankung gut behandelt werden.
  • Ein frühzeitiger Entzug kann negative körperliche, psychische und soziale Auswirkungen minimieren.

Alkoholsucht – wenn aus Genuss Abhängigkeit wird

Für viele Menschen ist Alkohol Teil des Alltags – sei es als gemütliches Feierabendbier oder ein Glas Wein zum Essen. Auch bei Partys und Feierlichkeiten ist der Konsum alkoholischer Getränke weit verbreitet. Aus einem anfangs unproblematischen Konsum kann sich schließlich eine Abhängigkeit entwickeln.

Im Jahr 2023 waren über 1,4 Millionen Menschen hierzulande aufgrund einer Alkoholsucht in Behandlung.1 Hinzu kommen zahlreiche Betroffene, die noch nicht in Therapie sind. Eine frühzeitige Behandlung von Alkoholismus kann dazu beitragen, schwerwiegende Folgeerkrankungen wie Leberzirrhose oder psychische Erkrankungen zu verhindern.

Ab wann ist man alkoholsüchtig?

Der Krankheitsverlauf bei einer Alkoholabhängigkeit ist sehr individuell. Nicht alle Betroffenen trinken täglich große Mengen Alkohol. Die Grenze, ab wann man als alkoholsüchtig gilt, kann daher nicht an der Konsummenge festgemacht werden. Wenn innerhalb eines Jahres mindestens drei der folgenden Kriterien gemeinsam auftreten, ist von einer Suchterkrankung auszugehen:

  • Alkohol bestimmt das Denken und Handeln, andere Lebensbereiche werden vernachlässigt.
  • Eingeschränkte Kontrolle über den Alkoholkonsum oder das eigene Verhalten.
  • Fortgesetzter Konsum trotz gesundheitlicher oder sozialer Probleme.
  • Starkes bzw. anhaltendes Verlangen nach Alkohol (Suchtdruck).
  • Entzugserscheinungen bei Reduzierung oder Ausbleiben des Konsums.

Erhöhte Toleranz – für die gleiche Wirkung muss immer mehr getrunken werden.

Was kann eine Alkoholabhängigkeit begünstigen?

Die Ursachen für eine Alkoholabhängigkeit können individuell verschieden sein. Experten gehen davon aus, dass biologische, psychische und soziale Faktoren bei der Krankheitsentstehung eine Rolle spielen (biopsychosoziales Entstehungsmodell). Folgende Risikofaktoren können die Entwicklung einer Sucht begünstigen:

Genetische und gesundheitliche Faktoren

  • bestimmte genetische Voraussetzungen2
  • psychische Störungen wie Depressionen, Angstzustände, ADHS
  • chronische Schmerzen

Individuelle und biografische Einflussfaktoren

  • ungünstige Konfliktlösestrategien
  • traumatische Erlebnisse
  • geringes Selbstwertgefühl

Soziale und familiäre Einflüsse

  • unzureichende soziale Einbindung
  • problematischer Alkoholkonsum im Elternhaus und/oder in der Peergroup

Welche Folgen hat Alkoholismus?

Eine Alkoholabhängigkeit ist eine schwerwiegende Erkrankung, welche die Gesundheit sowie das berufliche und soziale Leben von Betroffenen extrem belasten und schädigen kann.

Wie wird eine Alkoholsucht diagnostiziert?

Alkoholsucht wird häufig nicht als primärer Grund für einen Arztbesuch angegeben – viele Betroffene suchen erst Hilfe, wenn sie unter den gesundheitlichen, psychischen oder sozialen Folgen ihres Konsums leiden. Oft wird die Abhängigkeit eher zufällig im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung erkannt. Eine Diagnose kann durch verschiedene Methoden gestellt werden:

  • Anamnese: Der Arzt erhebt eine ausführliche Krankengeschichte und fragt gezielt nach Trinkgewohnheiten sowie den damit verbundenen Auswirkungen.
  • Körperliche Untersuchung: Hinweise auf chronischen Alkoholkonsum, wie Leberschäden oder neurologische Auffälligkeiten, können sichtbar werden.
  • Labordiagnostik: Blutuntersuchungen können auf Alkoholmissbrauch hinweisen, etwa durch erhöhte Leberwerte (Gamma-GT, AST, ALT) oder veränderte Biomarker wie CDT (Carbohydrate-Deficient Transferrin).
  • Screening-Fragebögen: Standardisierte Tests wie der LAST (Lübecker Alkoholismus-Screening-Test) oder AUDIT (Alcohol Use Disorders Identification Test) helfen dabei, schädliches Trinkverhalten zu erkennen.

Test: Wie riskant ist Ihr Trinkverhalten?

Der folgende Test basiert auf dem AUDIT-Test (Alcohol Use Disorders Identification Test, Babor et al., 2001)


Wie wird eine Alkoholabhängigkeit behandelt?

Viele Menschen glauben fälschlicherweise, dass Alkoholismus auf mangelnde Willensstärke oder einen schwachen Charakter zurückzuführen ist. Dieses Vorurteil hält sich hartnäckig, obwohl es längst durch medizinische Erkenntnisse widerlegt wurde. Tatsächlich ist Alkoholsucht eine ernstzunehmende Erkrankung, die die meisten Betroffenen nicht ohne professionelle Hilfe überwinden können. Doch es gibt wirkungsvolle Therapien, die den Weg in die Abstinenz ermöglichen.

Körperliche Entgiftung

Die körperliche Entgiftung ist der erste Schritt auf dem Weg zur Abstinenz. Da dabei teils schwere Entzugserscheinungen auftreten können, ist eine medizinisch-therapeutische Betreuung sinnvoll. In der Regel wird eine stationäre Entgiftung empfohlen, da hier eine umfassende Versorgung gewährleistet ist und Entzugserscheinungen medikamentös behandelt werden können. In Ausnahmefällen ist auch eine ambulante Entgiftung möglich.

Psychische Entwöhnung

Im Vordergrund steht die Aufarbeitung von Suchtursachen und die Entwicklung alternativer Verhaltensstrategien. Diese Phase ist entscheidend für eine langfristige Abstinenz, da eine nachhaltige Veränderung des Trinkverhaltens nur durch bewusste Verhaltensanpassungen möglich ist. Zudem wird in dieser Phase gezielt an einer aktiven Rückfallprophylaxe gearbeitet, um das Risiko für einen erneuten Griff zum Alkohol zu minimieren.

Nachsorge

Eine stationäre Entzugstherapie in einer Klinik dauert mehrere Wochen. Damit Patienten nach der Rückkehr in den Alltag nicht rückfällig werden, ist eine individuell angepasste Nachsorge entscheidend. Dazu zählen unter anderem ambulante Psychotherapie, die Teilnahme an Selbsthilfegruppen oder regelmäßige Intervall-Therapien in einer Klinik. Diese Maßnahmen helfen, Strategien zur Rückfallvermeidung zu festigen und langfristig abstinent zu bleiben.

Wann sollte man sich Hilfe suchen?

Wenn der Alkoholkonsum außer Kontrolle gerät und/oder erste Schäden spürbar werden, ist professionelle Hilfe dringend erforderlich. Eine frühzeitige Behandlung kann schwerwiegende gesundheitliche und soziale Folgen verhindern und die Chancen auf ein stabiles, selbstbestimmtes Leben ohne Alkohol deutlich erhöhen.

Wie kann ein Rückfall vermieden werden?

Rückfälle sind keine Seltenheit. Entscheidend ist, dass Betroffene die Anzeichen für einen drohenden Rückfall erkennen und auf einen Notfallplan zurückgreifen können. Einen solchen erarbeiten sie normalerweise im Rahmen der Alkoholtherapie. Ebenso wichtig ist ein stabiles Netz in Form von Ansprechpartnern, an die Betroffene sich im Ernstfall wenden können.

Hilfe bei Alkoholismus finden

Hilfe bei Alkoholismus finden Betroffene bei ihrem Hausarzt, Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie und bei Suchtberatungsstellen. Auch Selbsthilfegruppen können eine Anlaufstelle sein. Hier erhalten Suchtkranke viele Informationen über die Krankheit und Tipps, wie sie eine Behandlung in die Wege leiten.

Suchtberatungsstellen

Selbsthilfegruppen

Haus- und Allgemeinärzte

Psychiater und Psychotherapeuten

Häufige Fragen zum Thema „Alkoholismus“

Die Grenzen zwischen problematischem, riskantem und schädlichem Alkoholkonsum sind nicht klar definiert. Die WHO empfiehlt Frauen nicht mehr als 12 Gramm und Männern nicht mehr als 24 Gramm Reinalkohol täglich. Zudem sollte man mindestens zwei alkoholfreie Tage pro Woche einhalten. Bei darüber hinausgehenden Mengen spricht man von problematischem Konsum. Eine Sucht liegt hingegen erst vor, wenn Kriterien wie Toleranzentwicklung, Konsumdruck (Craving), Entzugserscheinungen etc. hinzukommen.

Eine Alkoholkrankheit entsteht nicht über Nacht. Meist geschieht die Entwicklung schleichend – vom unproblematischen Genuss hin zum problematischen, riskanten oder schädlichen Konsum. Die Grenzen zwischen den einzelnen Stadien sind oft fließend. Zudem sind sie nicht klar definiert.

Chronischer Alkoholmissbrauch führt zu Umstrukturierungen im Gehirn. Das sogenannte Suchtgedächtnis bildet sich aus. Dieses kann sich nicht wieder zurückbilden. Wenn Alkoholiker nach einem Entzug wieder zu Bier, Wein und Co. greifen, wird es automatisch reaktiviert. „Normales Trinken“ ist für Alkoholiker dementsprechend nicht mehr möglich.

Die tägliche Trinkmenge allein ist kein verlässlicher Indikator für Alkoholabhängigkeit. Während einige Betroffene täglich mehrere Flaschen Bier oder Wein konsumieren, trinken andere nur gelegentlich, dafür aber große Mengen. Das sogenannte Rauschtrinken am Wochenende wird insbesondere von Jugendlichen praktiziert.

Ein durchschnittlicher Konsumwert lässt sich daher schwer bestimmen. Entscheidend für die Diagnose einer Alkoholabhängigkeit sind nicht die Mengen, sondern Merkmale wie Craving (starkes Verlangen nach Alkohol), Toleranzentwicklung, Kontrollverlust, gedankliche Fixierung auf Alkohol, fortgesetzter Konsum trotz negativer Konsequenzen und Entzugserscheinungen, wenn kein Alkohol mehr konsumiert wird.

Gesprächsbereitschaft, offene Kommunikation und Unterstützung bei Arztterminen und Co. – das sind die wesentlichen Punkte, in denen Angehörige Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit unterstützen können. Zudem sollten Angehörige lernen, Grenzen zu setzen und sich selbst zu schützen. Denn oft reiben Angehörige sich aus Liebe oder Mitgefühl für den Suchtkranken derart auf, sodass sie irgendwann selbst krank werden.

Offene Gespräche, einfühlsame Kommunikation und Unterstützung bei Arztterminen sind zentrale Wege, um Betroffene zu begleiten. Gleichzeitig ist es wichtig, klare Grenzen zu setzen und auf das eigene Wohlbefinden zu achten. Viele Angehörige investieren aus Liebe oder Mitgefühl so viel Kraft, dass sie sich selbst überlasten und krank werden können. Um dem vorzubeugen, kann es hilfreich sein, sich selbst Unterstützung zu suchen – etwa durch Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen.

1 BARMER „Analyse zur Alkoholsucht: 1,4 Millionen Menschen in medizinischer Behandlung“, Pressemitteilung vom 15.01.2025, https://www.barmer.de/presse/presseinformationen/pressearchiv/analyse-zur-alkoholsucht-1-4-millionen-menschen-in-medizinischer-behandlung-1296722 (Datum des Zugriffs: 20.01.2025)

2 Zhou, H., Kember, R.L., Deak, J.D. et al. Multi-ancestry study of the genetics of problematic alcohol use in over 1 million individuals. Nat Med 29, 3184–3192 (2023). https://doi.org/10.1038/s41591-023-02653-5,https://www.nature.com/articles/s41591-023-02653-5 (Datum des Zugriffs: 20.01.2025)

3 Daviet, R., Aydogan, G., Jagannathan, K. et al. Associations between alcohol consumption and gray and white matter volumes in the UK Biobank. Nat Commun 13, 1175 (2022). https://doi.org/10.1038/s41467-022-28735-5https://www.nature.com/articles/s41467-022-28735-5 (Datum des Zugriffs: 20.01.2025)

4 dkfz. Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft „Krebsrisiko Alkohol – auch in geringen Mengen nicht unbedenklich“, Pressemitteilung vom 24.02.2022, https://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2022/dkfz-pm-22-10-Krebsrisiko-Alkohol-auch-in-geringen-Mengen-nicht-unbedenklich.php (Datum des Zugriffs: 20.01.2025)

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