Wie wird Bulimie behandelt?
Die Therapie besteht in der Regel aus mehreren Bausteinen, bei denen die psychotherapeutische Behandlung im Zentrum steht. Psychische Begleiterkrankungen werden in der Regel mitbehandelt, da sie zur Aufrechterhaltung der Erkrankung beitragen können. Auch manifeste körperlichen Folgeschäden werden behandelt. Um Betroffene dabei zu unterstützen, Essanfälle und kompensatorisches Verhalten zu verringern und langfristig ein gesundes Essverhalten aufzubauen, ist ein ganzheitlicher Therapieansatz sinnvoll.
Zu Beginn steht eine ausführliche Diagnostik:
- Erfassung von Essattacken, gegensteuerndem Verhalten, Gedanken zu Körper und Gewicht
- Untersuchung von Folgen wie Elektrolytstörungen, Herzrhythmusstörungen oder Zahnschäden
- Einschätzung des Schweregrades und möglicher Begleiterkrankungen
Auf dieser Grundlage wird entschieden, ob die Behandlung der Bulimie ambulant erfolgen kann oder ob eine teilstationäre oder stationäre Therapie notwendig ist. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK)10 und die S3-Leitlinie empfehlen zunächst eine ambulante Psychotherapie. Eine (teil-)stationäre Therapie in einer Klinik für Psychosomatik ist bei schwerer Symptomatik, nicht ausreichender Wirksamkeit ambulanter Behandlungen oder bei parallel vorliegenden Erkrankungen wie Alkoholabhängigkeit, unzureichend eingestelltem Diabetes und Elektrolytverschiebungen sinnvoll.11
Ziel dieser Phase ist es, die Situation zu stabilisieren und akute Risiken zu reduzieren. Dazu gehört die Einnahme regelmäßiger Mahlzeiten, eine erste Reduktion von Essanfällen sowie die medizinische Stabilisierung bei körperlichen Folgen. Ebenso wichtig ist Psychoedukation, das heißt, die Vermittlung von Wissen darüber, wie der Kreislauf aus Essen und Erbrechen entsteht und was erforderlich ist, um ihn zu durchbrechen.
Eine professionelle Ernährungsberatung ist häufig Teil einer umfassenden Behandlung, weil viele Betroffene im Verlauf der Erkrankung den Bezug zu einer gesunden Ernährung verlieren. Der wichtigste Baustein zur Behandlung der Bulimie ist allerdings die Psychotherapie, insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie, welche nachgewiesenermaßen die größten Effekte zeigt. Ergänzend können weitere Verfahren eingesetzt werden. Ziele der psychotherapeutischen Behandlung sind:
- Unterbrechen des Kreislaufs aus Essattacken und Übergeben
- Erlernen eines strukturierten Essrhythmus
- Umgang mit übermäßigem Essen, ohne Kompensationsverhalten einzusetzen
- Identifizieren von Ursachen und Auslösern (z. B. Gefühle, Stress, restriktives Essverhalten)
- Bei Kindern und Jugendlichen wird, wenn möglich, die Familie einbezogen.
Bei Bulimie spielt der übermäßige Einfluss von Gewicht und Figur auf das Selbstwertgefühl eine zentrale Rolle. Deshalb ist es wichtig, gemeinsam mit den Betroffenen an folgenden Punkten zu arbeiten, um eine langfristige Stabilisierung zu erreichen und das Risiko von Rückfällen zu minimieren:
- Reduzieren der Überbewertung von Körperproportionen und Gewicht
- Aufbau von Kompetenzen zur Emotionsregulation
- Stärkung des Selbstwertgefühls unabhängig vom Körperbild
- Bearbeiten von perfektionistischen Ansprüchen und belastenden Beziehungen
- Entwicklung gesünderer Bewältigungsstrategien bei Stress oder belastenden Emotionen
Die letzte Phase dient der langfristigen Stabilisierung und ist besonders wichtig, weil Rückfälle bei Bulimie häufiger auftreten können, wenn der Umgang mit belastenden Situationen nicht ausreichend eingeübt wurde. Patientinnen und Patienten lernen daher, frühe Warnsignale zu erkennen und üben Strategien für den Umgang mit schwierigen Situationen ein.
Medikamente ersetzen keine Therapie, sie können aber Essattacken reduzieren und depressive Symptome bessern. Fluoxetin ist das einzige Medikament, das in Deutschland zur Behandlung der Bulimie zugelassen ist. Es sollte allerdings nur bei Erwachsenen und zusätzlich zu einer Psychotherapie eingesetzt werden. Bei parallel vorliegenden psychischen Erkrankungen wie Depressionen können auch andere Medikamente zusätzlich verordnet werden.