Bipolare Störung Behandlung

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Aktualisiert am 12. Juni 2025

 

 

Behandlung im Überblick

  • Eine möglichst frühe Behandlung der bipolaren Störung kann Komplikationen und einen chronischen Verlauf verhindern.
  • Die Therapie mit Medikamenten gilt in der Medizin als Goldstandard zur Behandlung dieser affektiven Störung.
  • Besonders wirksam ist die Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie, insbesondere zur Rückfallprophylaxe.
  • Auch die Einbindung von Angehörigen ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung.

Extreme Stimmungsschwankungen beherrschen, bipolare Störung erfolgreich behandeln

Die Bipolare Störung ist mit einem Wechselbad der Gefühle verbunden: manische Hochphasen und depressive Episoden wechseln sich ab oder treten gemischt auf. Etwa 3 % der Bevölkerung sind in Deutschland von der Erkrankung betroffen.1 Das unkontrollierbare Auf und Ab der Gefühle ist dabei nicht nur eine extreme Belastung, sondern geht auch mit einer höheren Sterblichkeitsrate einher.2 Eine frühzeitige Behandlung ist entscheidend, um Risiken wie eine erhöhte Suizidgefahr zu verringern und die Lebensqualität wiederherzustellen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei einer bipolaren Störung?

Das Ziel der Behandlung bipolarer Störungen ist die Linderung akuter Symptome sowie die langfristige Stabilisierung der Stimmung. Man unterscheidet deshalb zwischen Akutbehandlung und Phasenprophylaxe: Die Akutbehandlung fokussiert sich auf die aktuelle depressive oder manische Phase. Die Phasenprophylaxe soll das Wiederauftreten neuer Krankheitsepisoden möglichst verhindern. Die folgenden Informationen basieren auf der „S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie Bipolarer Störungen“ 3 und geben einen Überblick über die wissenschaftlich empfohlenen Behandlungsoptionen, die stets individuell und in Absprache mit einer Ärztin oder einem Arzt ausgewählt werden.

Psychotherapie

Psychotherapie ist bei einer bipolaren Störung als Behandlung vor allem für die Langzeitstabilisierung wichtig. Ein wichtiger Baustein sind psychoedukative Elemente, die über die Erkrankung aufklären und den Patienten zum Beispiel bei der Selbstbeobachtung anleiten sowie Hilfe zur Erkennung von Frühsymptomen und zur Belastungsreduktion liefern. Folgende Behandlungsverfahren haben sich wissenschaftlich bewährt.4

  • Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
  • Familienfokussierte Therapie (FFT)
  • Interpersonelle und soziale Rhythmustherapie (IPSRT)
  • Psychoedukation in Einzel- oder Gruppensetting

Medikamentöse Behandlung

Medikamente sind ein wesentlicher Bestandteil der Therapie bei bipolarer Störung. Sie werden oft als „Stimmungsstabilisierer“ bezeichnet, weil sie das Auftreten von Manie und Depression verhindern sollen. Eine Metaanalyse zeigt, dass Menschen mit bipolarer Störung nicht nur von einer Behandlung mit Medikamenten, sondern auch von einer kompetenzorientierten psychosozialen Behandlung profitieren.5 Folgende Medikamente können im Rahmen einer medikamentösen Therapie der bipolaren Erkrankung zum Einsatz kommen:

  • Lithium (Goldstandard, auch antisuizidal)
  • Lamotrigin (zur Rückfallprophylaxe depressiver Episoden)
  • Quetiapin (akute und prophylaktische Wirkung)
  • Valproat (bei manischen Episoden)
  • Antidepressiva werden nur in Kombination mit Stimmungsstabilisierern und bei besonderer Indikation eingesetzt

Weitere Verfahren

Bei Patienten mit einem schweren Verlauf der psychischen Erkrankung, die auf medikamentöse oder psychotherapeutische Behandlungsverfahren nicht oder nicht ausreichend ansprechen, kann eine Elektrokonvulsionstherapie (EKT) erwogen werden.6 Diese wird in Narkose durchgeführt und kann insbesondere Patienten mit schwer ausgeprägten manischen und depressiven Phasen unterstützen. Weitere Verfahren, die zur Bipolar-Behandlung eingesetzt werden können, sind u. a. die Wachtherapie, die kurzfristig bei Depressionen eingesetzt werden kann.7

Warum ist eine frühzeitige Behandlung so wichtig?

Bleibt eine Behandlung der manisch-depressiven Erkrankung aus, besteht ein hohes Risiko für einen chronischen Verlauf, bei dem die Phasen häufiger, schwerer oder langanhaltender auftreten können. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die psychische Gesundheit, sondern auch auf soziale Beziehungen, Arbeitsfähigkeit und körperliche Gesundheit. Ein frühzeitiger Behandlungsbeginn verbessert hingegen die Langzeitprognose und kann helfen, Folgeprobleme wie Suchtmittelmissbrauch, finanzielle Probleme oder soziale Isolation zu verhindern.

Wie läuft eine Behandlung ab?

Der genaue Ablauf der Behandlung hängt von der individuellen Ausprägung der Erkrankung, dem aktuellen Zustand und der bisherigen Krankheitsgeschichte ab. In vielen Fällen kann die bipolare Störung ambulant behandelt werden. Bei akuten, schweren oder instabilen Verläufen kann jedoch ein stationärer Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik notwendig sein, etwa bei Suizidalität, starker Manie oder fehlender Krankheitseinsicht.

Erster Schritt: Welcher Arzt/Therapeut?

Oft beginnt der Weg zur Diagnose beim Hausarzt oder der Hausärztin. Diese können eine erste Einschätzung vornehmen und dann an eine Facharztpraxis für Psychiatrie und Psychotherapie oder an eine psychiatrische Spezialambulanz weiterverweisen. In akuten Phasen, z. B. bei starker manischer Erregung oder schwerer Depression, kann eine Erstmedikation zur Stabilisierung notwendig sein.

Zweiter Schritt: Diagnose und Anamnese

Die Diagnose wird in der Regel durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie gestellt, häufig in Kombination mit weiteren diagnostischen Verfahren. Zentrale Bestandteile sind:

  • eine ausführliche Anamnese (Erhebung der Krankheitsgeschichte),
  • die Erfassung typischer Symptome (manisch, depressiv, hypomanisch),
  • die Einschätzung von Verlauf, Häufigkeit und Dauer der Episoden,
  • der Ausschluss anderer Erkrankungen (z.  körperliche Ursachen, Substanzmissbrauch).
  • Instrumente wie Stimmungstagebücher oder Screening-Fragebögen können zusätzlich unterstützen.

Ablauf und Dauer der Therapie

Die Behandlung der bipolaren Störung wird immer individuell abgestimmt. Grundsätzlich ruht sie auf zwei Säulen, die durch weitere Therapieerfahren ergänzt werden können:

  • Medikamentöse Therapie, um Symptome zu lindern und eine Stabilisierung der Stimmung zu erreichen (Phasenprophylaxe).
  • Psychotherapie, die sich in der Regel über mehrere Wochen bis Monate

Bipolare Störung: Ist eine Behandlung selbst möglich?

Die bipolare Störung ist eine schwere psychische Erkrankung, die in jedem Fall ärztlich und psychotherapeutisch behandelt werden sollte. Eine eigenständige Behandlung ohne fachliche Begleitung ist nicht empfehlenswert, insbesondere nicht in manischen Phasen, die von Betroffenen oft als angenehm oder leistungssteigernd erlebt werden und dadurch die Krankheitseinsicht erschweren.

Spätestens mit dem Einsetzen einer depressiven Episode, die meist mit erheblichem Leidensdruck einhergeht, wird klar, wie belastend die Erkrankung tatsächlich ist. Ohne Behandlung steigt das Risiko für Rückfälle, soziale Konflikte, Substanzmissbrauch und sogar für Suizidgedanken oder -handlungen deutlich an.

Hilfe bei bipolarer Störung: Behandlung vor Ort & Online-Angebote

Hilfe für Menschen mit bipolarer Störung gibt es bei einer Vielzahl unterschiedlicher Anlaufstellen:

Hausärztin oder Hausarzt: Erste Einschätzung, Überweisung an Fachstellen

Fachärztin/Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie: Diagnostik, Behandlung und Medikamentenverordnung

Notfallambulanzen von Psychiatrien: Hilfe bei akuten Krisen, z.  Suizidgedanken oder manischer Erregung

Psychiatrische Institutsambulanzen und Kliniken: Akutversorgung, Diagnostik und Therapie

Selbsthilfegruppen: Austausch mit anderen Betroffenen, emotionale Entlastung, praktische Tipps

Bipolar-Forum: Online-Angebote

DGBS Serviceangebote: Beratung, Materialien, Medien uvm.

Häufige Fragen zum Thema „Bipolare Störung Behandlung“

Die bipolare Störung gilt nach aktuellem Stand der Medizin als nicht heilbar, wohl aber als gut behandelbar. Dank moderner, kombinierter Behandlungsansätze können Betroffene lernen, ihre Symptome wirksam zu kontrollieren und das Rückfallrisiko deutlich zu senken. Viele Menschen mit bipolarer Störung erreichen durch eine gut eingestellte Therapie eine hohe Lebensqualität, soziale Stabilität und berufliche Teilhabe. Auch das Risiko für schwerwiegende Komplikationen wie Suizidalität oder Suchtmittelmissbrauch kann durch eine konsequente Behandlung erheblich reduziert werden.

Menschen mit bipolarer Störung können berufstätig sein, insbesondere wenn die Erkrankung frühzeitig erkannt und gut behandelt wird. Entscheidend ist, wie stark die affektiven Symptome ausgeprägt sind, wie häufig Rückfälle auftreten und wie gut die betroffene Person ihre Krankheit im Alltag managen kann.

Mit einer guten medikamentösen Einstellung und begleitender Psychotherapie kann es Betroffenen gelingen, eine feste Tagesstruktur zu etablieren und eine berufliche Perspektive zu entwickeln. Einige Menschen nutzen ihre Kreativität oder hohe Energiephasen gezielt im Berufsleben. Herausfordernd wird es, wenn die Erkrankung unbehandelt bleibt oder stark ausgeprägt ist: In solchen Fällen kann es zu wiederholten Ausfällen, Konflikten am Arbeitsplatz oder sogar zu vorübergehender oder dauerhafter Arbeitsunfähigkeit kommen.

In der Regel wird Menschen mit bipolarer Störung eine langfristige medikamentöse Behandlung empfohlen, da die Erkrankung mit einem hohen Risiko für Rückfälle, schwere depressive oder manische Episoden und Suizidalität einhergeht. Ein Absetzen oder ein Verzicht auf Medikamente sollte niemals eigenmächtig erfolgen, sondern immer in enger Absprache mit einem Facharzt. Ein Leben ganz ohne Medikamente ist bei bipolarer Störung in den meisten Fällen nicht empfehlenswert – eine gut abgestimmte Kombination aus Pharmakotherapie und Psychotherapie bietet die besten langfristigen Ergebnisse.

1 DGBS: “Verlauf der Bipolaren Störung“, https://dgbs.de/bipolare-stoerung/verlauf (Datum des Zugriffs: 23.05.2025)

2 Tapio Paljärvi, Kimmo Herttua, Heidi Taipale, Markku Lähteenvuo, Antti Tanskanen, Seena Fazel, Jari Tiihonen – Cause-specific excess mortality after first diagnosis of bipolar disorder: population-based cohort study: BMJ Mental Health 2023;26:e300700, https://mentalhealth.bmj.com/content/26/1/e300700 (Datum des Zugriffs: 23.05.2025)

3 DGBS und DGPPN: „S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie Bipolarer Störungen“ Langversion 2.1, letzte Anpassung Mai 2020, AWMF-Register Nr. 038-019, https://www.dgppn.de/_Resources/Persistent/ef9214009e20d260d4f5a6e6932f3fb7f914efbb/S3_Leitlinie_Bipolar_V2.1_Update_20200504.pdf (Datum des Zugriffs: 23.05.2025)

4 Ebd., S. 87

5 Miklowitz DJ, Efthimiou O, Furukawa TA, et al. Adjunctive Psychotherapy for Bipolar Disorder: A Systematic Review and Component Network Meta-analysis. JAMA Psychiatry. 2021;78(2):141–150. doi:10.1001/jamapsychiatry.2020.2993, https://jamanetwork.com/journals/jamapsychiatry/fullarticle/2771207  (Datum des Zugriffs: 23.05.2025)

6 DGBS und DGPPN, a. a. O., S. 93 und 172

7 Ebd., S. 97

8 Paljärvi T, Herttua K, Taipale H, Lähteenvuo M, Tanskanen A, Fazel S, Tiihonen J. Cause-specific excess mortality after first diagnosis of bipolar disorder: population-based cohort study. BMJ Ment Health. 2023 May;26(1):e300700. doi: 10.1136/bmjment-2023-300700. PMID: 37463759; PMCID: PMC10391789, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37463759/ (Datum des Zugriffs: 23.05.2025)

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