Soziale Phobie

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Aktualisiert am 17. Juni 2025

 

 

Soziale Phobie im Überblick

  • Die soziale Phobie gehört zu den Angststörungen und ist eine der häufigsten psychischen Erkrankungen.
  • Betroffene haben Angst vor sozialen Situationen bzw. davor, sich in diesen zu blamieren.
  • Es können schwere körperliche und psychische Symptome auftreten, z. B. Herzrasen, Übelkeit, Schweißausbrüche, Schwindel, Durchfall, Atemnot.
  • Die andauernde Angst kann zur Vermeidung sozialer Situationen führen.
  • Eine Behandlung (Psychotherapie plus ggf. Medikamente) ist möglich.

Soziale Phobie – wenn das Zusammensein mit Anderen Angst macht

Schweißausbrüche, Übelkeit, Herzrasen – bei Menschen mit sozialer Phobie löst allein der Gedanke an soziale Situationen belastende Symptome aus. Sie haben Angst davor, im Mittelpunkt zu stehen, sich zu blamieren oder von anderen negativ bewertet zu werden. Neuere Erhebungen zeigen, dass die Anzahl der Betroffenen steigt.1 Umso wichtiger ist, dass die Erkrankung frühzeitig erkannt und adäquat behandelt wird.

Wie viele Menschen sind von sozialer Phobie betroffen?

Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 13 Prozent aller Menschen einmal in ihrem Leben an einer Sozialphobie leiden. Die genaue Erhebung von Zahlen ist schwierig, da von einer hohen Zahl nicht diagnostizierter Fälle auszugehen ist. Darüber hinaus ist die Grenze zwischen „normaler Schüchternheit“ und sozialer Angst oft fließend. Tendenziell sind Frauen häufiger als Männer betroffen – bei älteren Menschen (50-69 Jahre) war der Anteil der Betroffenen und der Anstieg in den letzten Jahren am höchsten. Darüber hinaus nimmt die Störung insbesondere bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu.2

Psychischer Stress - wenn alles zuviel wird

Was sind die Ursachen einer sozialen Phobie?

Häufig wird angenommen, dass die Ursachen sozialer Angststörungen in der Kindheit liegen. Diese Sichtweise greift jedoch zu kurz. Wie bei vielen psychischen Erkrankungen entsteht auch die soziale Phobie in der Regel durch ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussen und verstärken können.

Welche alltäglichen Situationen sind für Menschen mit sozialer Phobie besonders belastend?

Wie belastend selbst alltägliche Situationen für Menschen mit sozialer Angst sein können, hängt von der Schwere und der Ausprägung der psychischen Erkrankung ab. Zwei Beispiele verdeutlichen die Einschränkungen, unter denen Betroffene besonders leiden.

Wie wird eine soziale Phobie diagnostiziert?

Wie bei allen Angststörungen erfolgt die Diagnosestellung klinisch auf Basis der Angaben des Patienten, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme standardisierter Fragebögen. In einem ausführlichen Arzt-Patienten-Gespräch werden die Symptome sowie symptomauslösende Situationen erfragt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Abgrenzung zu anderen Krankheitsbildern wie zum Beispiel der Panikstörung oder der ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung. Körperliche bzw. Laboruntersuchungen dienen dem Ausschluss anderer Ursachen für die Beschwerden.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Soziale Angststörungen lassen sich in der Regel gut behandeln. Besonders bewährt haben sich psychotherapeutische Verfahren wie die kognitive Verhaltenstherapie. In manchen Fällen kann auch eine medikamentöse Unterstützung sinnvoll sein.

Psychotherapie

Soziale Ängste lassen sich durch Psychotherapie in vielen Fällen wirksam behandeln. Besonders bewährt hat sich dabei die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), die in zahlreichen Studien als evidenzbasiertes Verfahren bestätigt wurde.5

Im Zentrum steht dabei, neue Lernerfahrungen zu ermöglichen und einschränkende Gedanken- und Verhaltensmuster zu erkennen und zu verändern – etwa die übermäßige Angst vor negativer Bewertung. Neben der klassischen Einzeltherapie mit einem festen Therapeuten können auch Gruppentherapien hilfreich sein, da sie realitätsnahe soziale Übungen ermöglichen und den Austausch mit anderen Betroffenen fördern.

Medikamentöse Behandlung

Medikamente kommen bei sozialer Angststörung in der Regel nur ergänzend zur Psychotherapie zum Einsatz – insbesondere, wenn die Symptome stark ausgeprägt sind oder psychotherapeutische Maßnahmen allein nicht ausreichen. Am häufigsten werden Antidepressiva aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) verordnet, da ihre Wirksamkeit gut belegt ist.

Benzodiazepine können in Einzelfällen zur kurzfristigen Überbrückung hilfreich sein, etwa in besonders belastenden Situationen. Aufgrund ihres hohen Abhängigkeitspotenzials sollten sie jedoch nur zeitlich begrenzt und unter ärztlicher Kontrolle eingesetzt werden.

Zusätzliche Therapie

Je nach individueller Ausgangslage können ergänzende therapeutische Angebote die kognitive Verhaltenstherapie sinnvoll unterstützen. Dazu zählen unter anderem soziale Kompetenztrainings, bei denen der sichere Umgang mit zwischenmenschlichen Situationen gezielt geübt wird. Auch Entspannungsverfahren wie progressive Muskelrelaxation oder Achtsamkeitstrainings können helfen, Stress abzubauen und die Angst zu überwinden.

Welche Folgen kann eine unbehandelte soziale Phobie haben?

Obwohl eine soziale Phobie gut behandelbar ist, nehmen viele Betroffene keine professionelle Hilfe in Anspruch – oft aus Scham oder aus Angst vor negativer Bewertung. Eine unbehandelte soziale Phobie kann erhebliche Folgen haben: Die Lebensqualität und Alltagsbewältigung sind häufig stark eingeschränkt, schulische und berufliche Entwicklungen bleiben nicht selten hinter den Möglichkeiten zurück. Zudem erhöht sich das Risiko für psychische Begleiterkrankungen, z. B.:

  • Depressionen
  • Weitere Angst- und Panikstörungen
  • Abhängigkeitserkrankungen, z.  Alkoholismus oder Beruhigungsmittel
  • Zwangsstörungen

Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung kann helfen, diesen Entwicklungen gezielt vorzubeugen.

Soziale Phobie: Übungen & Tipps für den Alltag

Bei stark ausgeprägten Symptomen ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Liegen jedoch eher leichte Beschwerden vor, können bereits einfache Maßnahmen im Alltag dabei helfen, mit der sozialen Angst besser umzugehen. Diese folgenden Maßnahmen ersetzen keine Therapie – können aber unterstützend wirken und das Selbstvertrauen im Alltag stärken.

  • Strukturiertes Stressmanagement, um belastende Faktoren zu erkennen und zu reduzieren
  • Regelmäßige körperliche Aktivität als natürlicher Stress- und Angstreduzierer
  • Gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf, um das seelische Gleichgewicht zu stabilisieren
  • Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen wie progressive Muskelentspannung oder Meditation
  • Gezielte Vorbereitung auf herausfordernde Situationen, etwa durch Rollenspiele oder Visualisierungstechniken

Hilfe bei sozialer Phobie finden

Bin ich bloß schüchtern oder ist mein angstvolles Verhalten bereits krankhaft? Wer unter einer Soziophobie leidet oder befürchtet, an einer Angststörung erkrankt zu sein, findet Hilfe bei vielen Anlaufstellen:

Hausarzt

Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie

Kontakt- und Beratungsstellen für psychische Erkrankungen

Telefonseelsorge 0800 1110111 / 0800 1110222

Psychiatrische Notfallambulanzen (bei akuter Belastung)

Bin ich nur schüchtern oder bereits krankhaft ängstlich?

Schüchternheit ist keine Krankheit. Wenn das Vermeiden sozialer Situationen jedoch mit starkem Leidensdruck verbunden ist und den Alltag erheblich beeinträchtigt, kann eine soziale Angststörung (Soziophobie) vorliegen. Wer betroffen ist oder befürchtet, an einer Angststörung zu leiden, sollte sich nicht scheuen, Hilfe zu suchen.

Häufige Fragen zum Thema „soziale Phobien“

Patienten mit Sozialphobie empfinden Liebe und Zuneigung genauso wie andere Menschen. Sie sind auch nicht beziehungsunfähig. Vielmehr leben sie in einem schwierigen Spannungsverhältnis, in dem sie sich einerseits nach Liebe sehen, sich gleichzeitig aber auch stark vor Zurückweisung fürchten. Das kann für eine Partnerschaft herausfordernd sein.

Der Leidensdruck bei Soziophobie hängt von verschiedenen Faktoren ab. Manche Menschen erleben die Krankheit als so belastend, dass sie irgendwann dazu übergehen, sämtliche soziale Situationen und Öffentlichkeit zu vermeiden. Das führt in ein einsames Leben und bringt auch berufliche sowie finanzielle Probleme mit sich. Deshalb ist eine möglichst frühzeitige Behandlung wichtig.

Eine soziale Phobie gilt wie viele Angststörungen als gut therapierbar. Viele Patienten sind anschließend fast oder sogar gänzlich symptomfrei. Ohne Unterstützung der Medizin geht es hingegen meist nicht: Wer keine Therapie in Anspruch nehmen möchte, muss damit rechnen, dass sich die Symptome langfristig verschlimmern. Von selbst verschwinden soziale Ängste nämlich normalerweise nicht.

1 IKK e.V. „Immer mehr Menschen mit Angststörungen“, 04.12.2023, https://www.ikkev.de/presse/meldungen-aus-den-ikken/details/immer-mehr-menschen-mit-angststoerungen (Datum des Zugriffs: 09.04.2025)

2 ebd.

3 Baba A, Kloiber S, Zai G. Genetics of social anxiety disorder: a systematic review. Psychiatr Genet. 2022 Apr 1;32(2):37-66. doi: 10.1097/YPG.0000000000000310. PMID: 34955514, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34955514/ (Datum des Zugriffs: 09.04.2025)

4 Universitätsklinikum Bonn. Institut für Humangenetik: „Soziale Phobie“, https://www.humangenetics-bonn.de/forschung/forschungsthemen/psychiatrische-erkrankungen/soziale-phobie/ (Datum des Zugriffs: 09.04.2025)

5 Morina N, Seidemann J, Andor T, Sondern L, Bürkner PC, Drenckhan I, Buhlmann U. The effectiveness of cognitive behavioural therapy for social anxiety disorder in routine clinical practice. Clin Psychol Psychother. 2023 Mar;30(2):335-343. doi: 10.1002/cpp.2799. Epub 2022 Nov 22. PMID: 36367388, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36367388/ (Datum des Zugriffs: 09.04.2025)

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