Traumafolgestörung

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Aktualisiert am 18. September 2025

  • Traumafolgestörungen können die Lebensqualität und Alltagsfähigkeit Betroffener stark einschränken.
  • Sie können sich nach einem außergewöhnlichen Ereignis, das die körperliche und seelische Unversehrtheit bedroht sowie mit extremer Angst und Hilflosigkeit einhergeht, entwickeln.
  • Man unterscheidet zwei Arten von Traumata: Typ-I-Trauma (einmalige traumatische Ereignisse), Typ-II-Trauma (sich wiederholende traumatische Ereignisse).
  • Zu den Traumafolgestörungen zählen u. a.: Anpassungsstörung, Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), komplexe posttraumatische Belastungsstörung (KPTBS) sowie anhaltende Trauerstörung.
  • Eine rechtzeitige Behandlung mit traumatherapeutischen Verfahren ist entscheidend für den Verlauf der Erkrankung. Unbehandelt kann es zur Chronifizierung und zu Folgeerkrankungen kommen.
  • Traumafolgestörungen erhöhen das Risiko für psychische Erkrankungen wie Suchterkrankungen, Depressionen, Angststörungen, Zwangsstörungen und körperliche Beschwerden.
  • Bestimmte Schutzfaktoren, wie ein sicheres, unterstützendes Umfeld, mindern das Risiko an einer Traumafolgestörung zu erkranken.

Wenn Traumatisierungen die Seele schädigen

Menschen, die schwerste Unfälle, Naturkatastrophen, körperliche Gewalt, sexuellen Missbrauch, Folter oder Ähnliches erlebt haben, können auch Jahre nach den Ereignissen noch stark unter den Erlebnissen leiden. Die Symptome können sich psychisch wie auch körperlich äußern, z. B. in Form belastender Erinnerungen, Depressionen, negativen Überzeugungen, Wut aber auch in Form von Schlafstörungen, Übererregung, Verdauungsstörungen etc. Die Wahrscheinlichkeit, irgendwann im Leben an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) zu erkranken, wird für Europa auf 0,5 % bis 1 % geschätzt.1

Typ-I-Trauma

Das Typ-I-Trauma ist ein einzelnes, plötzlich eintretendes, zeitlich begrenztes Ereignis, z. B. ein Verkehrsunfall, eine Naturkatastrophe oder eine technische Katastrophe. Auch ein einmaliger Übergriff, z. B. Banküberfall, Raub, Schlägerei, Vergewaltigung zählen zum Typ-I-Trauma.

Typ-II-Trauma

Das Typ-II-Trauma bezeichnet längerfristig erlebte Traumatisierungen, z. B. wiederholte sexuelle Gewalt, Kriegserleben, Geiselhaft, Folter, politische Gefangenschaft.

Was ist eine Traumafolgestörung?

Traumafolgestörung ist per Definition keine eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein Sammelbegriff für psychische Störungen, die sich infolge eines traumatischen Ereignisses entwickeln können, das einmalig, mehrmalig oder über einen längeren Zeitraum wiederholt erlebt wurde. Zu den Traumafolgestörungen zählen:

  • akute Belastungsreaktionen, die unmittelbar nach dem Ereignis auftreten und spontan abklingen können,
  • Anpassungsstörungen, die länger bestehen können und sich durch Schwierigkeiten in der Lebensführung nach einem traumatischen Ereignis zeigen,
  • Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) mit sich aufdrängenden Erinnerungen, Vermeidungsverhalten, Übererregung, Schlafstörungen uvm. sowie
  • eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung bzw. eine Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung (KPTBS) bei chronifizierter PTBS, die mit Veränderungen der Identität und Persönlichkeit einhergeht.

Welche Symptome treten bei einer Traumafolgestörung auf?

Die Symptome einer Traumafolgestörung hängen davon ab, welche spezifische Diagnose vorliegt. Bei einer PTBS kommt es beispielsweise zu einem unwillkürlichen Wiedererleben des Traumas (Flashbacks und Intrusionen), bei der komplexen PTBS kommen anhaltende Probleme in der Emotionsregulation, im Selbstbild und im zwischenmenschlichen Bereich hinzu. Die Anpassungsstörung ist häufig mit depressiver Stimmung, Sorgen und Ängsten verbunden, während bei der anhaltenden Trauerstörung vor allem anhaltende Sehnsucht nach der verstorbenen Person und intensive emotionale Schmerzen im Vordergrund stehen.

Welche Arten von Traumafolgestörungen gibt es?

Das internationale Klassifikationssystem der Krankheiten (ICD-10 und ICD-11) beschreibt verschiedene Traumafolgestörungen anhand klar definierter Symptome und diagnostischer Kriterien. Wenn diese in der beschriebenen Ausprägung und Häufigkeit zutreffen, kann die entsprechende Diagnose gestellt werden. Nachfolgend stellen wir traumaassoziierte Störungsbilder vor. Überdies möchten wir darauf hinweisen, dass eine Traumatisierung auch mit einem erhöhten Risiko für Begleiterkrankungen wie Depressionen, Suchterkrankungen, Angststörungen und Zwangsstörungen verbunden sein kann.

Die akute Belastungsreaktion ist als vorübergehende Störung definiert, die als Reaktion auf eine extreme Belastung entsteht. Sie kann sich durch verschiedene Symptome äußern, die in der Regel kurz nach dem auslösenden Ereignis auftreten und binnen weniger Stunden oder Tage von allein wieder abklingen, spätestens aber nach 4 Wochen. Typische Anzeichen sind ein Gefühl der Betäubung, Desorientiertheit und Rückzug. Körperlich kann sich die akute Belastungsreaktion in Form von Unruhe, Schwitzen, Angst, Herzrasen und ähnlichem zeigen. In der ICD-11 wird diese Diagnose neu klassifiziert als „Akute Stressreaktion“ und zählt damit nicht mehr zu den psychischen Störungen.2

Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) kann unmittelbar oder auch erst mit zeitlicher Verzögerung nach einem traumatischen Erlebnis auftreten. Typische Symptome sind vor allem das wiederkehrende und unkontrollierbare Wiedererleben der Situation in Form von sich aufdrängenden Erinnerungen und/oder Träumen, Vermeidung von Situationen und Reizen, die an das Trauma erinnern, sowie anhaltende innere Anspannung und Übererregung (z. B. Schreckhaftigkeit, Schlafstörungen). Häufig treten zusätzlich emotionale Abstumpfung, Rückzug und Verlust von Freude auf.

Darüber hinaus besteht ein erhöhtes Risiko für Begleiterkrankungen wie Angststörungen, Suchterkrankungen und Depressionen bis hin zu Suizidgedanken. Eine frühzeitige Behandlung mit psychotherapeutischen Verfahren wirkt sich nachweislich positiv auf den Verlauf aus. Die Störung kann allerdings auch chronisch werden.

Die Diagnose „Andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung“ entfällt in der ICD-11. Stattdessen wurde die „Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung (KPTBS)“ als eigenständiges Störungsbild eingeführt. Sie unterscheidet sich von der klassischen PTBS dadurch, dass zusätzliche und andauernde Symptome auftreten, die vor allem die Persönlichkeit und das soziale Leben betreffen.

Manche Betroffenen entwickeln Symptome, die über die PTBS-typischen Beschwerden hinausgehen. Die Diagnose einer KPTBS kann gestellt werden, wenn zusätzlich zu den Kriterien einer PTBS andauernde Störungen der Selbstorganisation (DSO) vorliegen.3 Diese Symptome müssen über einen längeren Zeitraum anhalten und treten typischerweise nach wiederholten oder langandauernden Traumatisierungen (z. B. Missbrauch in der Kindheit, Folter, Kriegsgefangenschaft) auf.

Zusätzlich zur PTBS müssen Probleme in folgenden Bereichen bestehen:

  • ausgeprägte Schwierigkeiten in der Emotionsregulation,
  • anhaltend negatives Selbstkonzept, z. B. in Form von Selbstabwertungen, Schuld- oder Schamgefühlen,
  • Beeinträchtigungen im zwischenmenschlichen Bereich, z. B. in Form von Misstrauen, sozialem Rückzug oder anhaltenden Konflikten.

Die Anpassungsstörung entsteht innerhalb eines Monats nach belastenden Erlebnissen oder tiefgreifenden Veränderungen im Leben (z. B. Trennung, Arbeitsplatzverlust, schwere Krankheit) und hält in der Regel nicht länger als sechs Monate an, es sei denn, die Belastung dauert fort. Betroffene fühlen sich emotional beeinträchtigt und haben das Gefühl, die Anforderungen nicht bewältigen zu können. Typische Symptome sind depressive Verstimmung, Angst und Besorgnis, anhaltendes Grübeln über das belastende Ereignis, Reizbarkeit, Rückzug sowie Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit im Alltag.

Die anhaltende Trauerstörung ist in der ICD-11 eine eigenständige Diagnose.4 Sie beschreibt eine psychische Störung, die nach dem Verlust einer nahestehenden Person, z. B. dem Tod eines Angehörigen, auftreten kann. Die Trauerreaktion hält mindestens sechs Monate nach dem Verlust an und übersteigt das normale Maß an Trauer in Intensität und Dauer deutlich. Typisch sind anhaltende Sehnsucht nach der verstorbenen Person, intensive Emotionen wie Traurigkeit, Schuld- oder Wutgefühle, Schwierigkeiten, den Verlust zu akzeptieren, das Gefühl, einen Teil von sich selbst verloren zu haben, sowie eine deutliche Beeinträchtigung der sozialen und beruflichen Funktionsfähigkeit.

Wie erfolgt die Traumafolgestörung-Diagnostik?

In der Praxis beginnt die Diagnostik in der Regel damit, dass Betroffene ihre Symptome schildern, z. B. Schlafstörungen, wiederkehrende Erinnerungen und Ängste. Ärzte / Therapeuten fragen anschließend nach belastenden bzw. potenziell traumatischen Ereignissen, um einordnen zu können, ob die Beschwerden eher Anzeichen für eine vorübergehende Stressreaktion oder für eine Traumafolgestörung sind.

Zur Diagnostik werden häufig strukturierte Interviews und standardisierte Fragebögen eingesetzt. Für die Diagnose einer bestimmten Traumafolgestörung müssen dann die jeweils definierten Symptomkriterien nach ICD-10 oder ICD-11 über einen festgelegten Zeitraum erfüllt sein. Zusätzlich müssen die Beschwerden zu einer deutlichen Beeinträchtigung im Alltag führen.

Zur Abklärung gehört auch eine körperliche Untersuchung, da bestimmte Erkrankungen oder Medikamente ähnliche Beschwerden hervorrufen können.

Wie entsteht eine Traumafolgestörung?

Ein traumatisches Erlebnis bringt Körper und Gehirn in eine Extremsituation. Oft sind die üblichen Reaktionen wie Kämpfen oder Fliehen nicht möglich. Der Körper reagiert stattdessen mit Erstarrung (Freeze) oder Dissoziation, also einer inneren Abspaltung vom Geschehen. Das schützt kurzfristig, kann aber dazu führen, dass das Erlebte nicht vollständig verarbeitet wird und sich langfristig eine Traumafolgestörung entwickelt. Nachfolgend erhalten Sie einen tieferen Einblick darin, welche Prozesse im Körper während und nach einem Trauma ablaufen.5

Bei einem traumatischen Erlebnis, zum Beispiel bei einem Unfall oder einem Überfall, reagiert das Gehirn mit einem Notfallprogramm.

  • Der Thalamus ist die Schaltzentrale für Sinneseindrücke. Er entscheidet, ob ein Reiz direkt und ungefiltert an die Amygdala (Mandelkern) weitergeleitet wird (schneller Weg) oder erst über den Kortex bewusst verarbeitet wird (langsamer Weg). Unter traumatischer Belastung dominiert der schnelle Weg, das heißt, die Amygdala wird sofort aktiviert, noch bevor eine bewusste Bewertung möglich ist.
  • Die Amygdala ist die „Alarmzentrale“ im Gehirn. Sie sorgt dafür, dass der Körper blitzschnell in Alarmbereitschaft geht: Herzschlag und Atmung beschleunigen sich, Stresshormone wie Adrenalin werden ausgeschüttet.
  • Der Hippocampus ist eigentlich dafür zuständig, Erinnerungen zeitlich und räumlich einzuordnen, also klar abzuspeichern, dass etwas „gestern“ passiert ist. Unter extremer Belastung arbeitet er aber nur eingeschränkt.
  • Das Frontalhirn (der „Kontrollbereich“ des Gehirns) ist weniger aktiv und kann die starke Reaktion der Amygdala nicht ausreichend bremsen.

Das bedeutet: Das Erlebnis wird sehr intensiv im emotionalen Gedächtnis verankert, aber nicht vollständig im bewussten, zeitlich geordneten Gedächtnis abgespeichert.

Normalerweise arbeiten das emotionale Gedächtnis (Amygdala) und das deklarative Gedächtnis (Hippocampus) zusammen: Gefühle und Fakten werden miteinander verknüpft, sodass eine Erinnerung vollständig abgespeichert und als vergangenes Ereignis erkannt wird. Nach einem Trauma geraten diese Systeme jedoch aus dem Gleichgewicht. Das ursprüngliche Ereignis wird nicht als abgeschlossen abgespeichert, sondern bleibt im emotionalen Gedächtnis verankert. Dadurch können aktuelle Reize (Trigger), die dem Trauma ähneln, intensive Reaktionen auslösen:

  • Die Amygdala bleibt überempfindlich und reagiert schon auf kleine Auslöser wie einen Geruch oder ein Geräusch, die an die damalige Situation erinnern.
  • Der Hippocampus kann die Erinnerungen nicht sauber zeitlich und räumlich einordnen. Deshalb kommt es zu Flashbacks oder Intrusionen, die sich anfühlen, als würde das Trauma gerade jetzt passieren.
  • Das Frontalhirn ist weniger aktiv, wodurch die Regulation von Gefühlen erschwert ist und die Situation schwerer rational eingeordnet werden kann.

Unter normalen Bedingungen sinken die Spiegel von Stresshormonen wie Cortisol und Adrenalin, sobald eine akute Gefahr vorüber ist. Nach einem Trauma ist diese Regulation jedoch häufig gestört. Manche Betroffene zeigen dauerhaft erhöhte Werte, andere auffallend niedrige Cortisolspiegel. Diese Dysregulation der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) hält den Körper in einer Art Dauerstress. Die Folge sind typische physiologische Symptome wie erhöhter Herzschlag und Blutdruck, Schlafstörungen, innere Anspannung und gesteigerte Schreckhaftigkeit.

Die Veränderungen im Gehirn und im Körper erklären die bei Traumafolgestörungen typischen Symptome wie:

  • Flashbacks, also plötzlich auftauchende, unkontrollierbare Erinnerungen.
  • Übererregung, d. h. ständige Wachsamkeit, Schreckhaftigkeit, innere Unruhe.
  • Vermeidung von Orten, Menschen oder Situationen, die an das Trauma erinnern.
  • Dissoziation, d. h. das Gefühl, wie „abgetrennt“ von sich selbst oder der Umgebung zu sein.
  • Rückzug und emotionale Taubheit, was bedeutet, dass Betroffene weniger Freude und Nähe zu anderen Menschen erleben.

Wie werden Traumafolgestörungen behandelt?

Die Behandlung richtet sich grundsätzlich nach der Schwere der Symptome, möglichen Begleiterkrankungen und der individuellen Lebenssituation. In den meisten Fällen ist eine ambulante Behandlung bei einem in traumatherapeutischen Methoden erfahrenen Therapeuten ausreichend. Bei schwerer Symptomatik, Suizidalität oder wenn ambulante Maßnahmen nicht ausreichen, kann eine stationäre Behandlung in einer spezialisierten Klinik notwendig sein.

Einschätzung der Symptome

In den ersten Wochen nach einem Trauma treten belastende Symptome häufig auf, ohne dass diese bereits als Erkrankung zu werten sind. Vielmehr handelt es sich um natürliche Verarbeitungsprozesse. Empfohlen wird in dieser Zeit eine aktive Nachsorge („watchful waiting“) mit erneuter diagnostischer Überprüfung nach vier Wochen. Bleiben die Symptome bestehen oder verstärken sie sich, sollte eine gezielte Behandlung eingeleitet werden.

Traumafokussierte Psychotherapie

Nach nationalen und internationalen Leitlinien ist die traumafokussierte Psychotherapie die empfohlene Behandlung bei Traumafolgestörungen.6 Die Therapien folgen einem strukturierten Behandlungsplan. Inhalte sind u. a. Aufklärung über typische Reaktionen nach einem Trauma (Psychoedukation), das Erlernen von Strategien zur Bewältigung von Flashbacks und ständiger Anspannung, die Bearbeitung belastender Gefühle wie Scham, Schuld oder Wut sowie das schrittweise Überwinden von Vermeidungsverhalten. Empfohlene Verfahren sind unter anderem:

  • Kognitive Verhaltenstherapie mit Trauma-Fokus (TF-KVT): Sie umfasst Psychoedukation, Stabilisierungsverfahren, die gezielte Konfrontation mit den Traumaerinnerungen sowie die Neubewertung belastender Gedanken und die Förderung von Bewältigungsstrategien.
  • EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing): Verarbeitung der Erinnerungen mithilfe bilateraler Stimulation (z. B. Augenbewegungen), mit dem Ziel, die emotionale Belastung zu reduzieren und alternative positive Überzeugungen zu fördern.

Pharmakotherapie

Eine medikamentöse Behandlung wird nur ergänzend empfohlen. Eingesetzt werden vor allem selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Sertralin oder Paroxetin sowie in Einzelfällen Venlafaxin. Benzodiazepine sind aufgrund fehlender Wirksamkeit und möglicher Risiken nicht indiziert. Atypische Antipsychotika wie Risperidon können in Ausnahmefällen und unter fachkundiger Aufsicht erwogen werden, wenn schwere Symptome bestehen und andere Behandlungen nicht ausreichen.

Behandlung von Komorbiditäten

Bei komplexer PTBS sind zusätzlich zur traumafokussierten Behandlung Maßnahmen zur Verbesserung der Emotionsregulation, der Selbstwahrnehmung und der zwischenmenschlichen Beziehungen erforderlich. Bei begleitenden Störungen wie Depressionen oder Substanzmissbrauch wird die Reihenfolge der Behandlung nach Schweregrad und Risikoeinschätzung festgelegt. Eine bestehende Substanzproblematik stellt grundsätzlich keinen Ausschlussgrund für eine PTBS-Therapie dar, sollte jedoch parallel behandelt werden.

Unterstützungsangebote

Neben der psychotherapeutischen Behandlung können psychoedukative Maßnahmen, Selbsthilfegruppen sowie psychosoziale Unterstützungsangebote die Behandlung sinnvoll ergänzen. Eine Therapie sollte unabhängig von laufenden rechtlichen Verfahren erfolgen.

Hilfe bei Traumafolgestörung finden

Damit eine Traumatisierung nicht zu einer andauernden emotionalen und psychischen Belastung wird, ist es wichtig, frühzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hier finden Sie wichtige Hilfestellen:

Hausärztin oder Hausarzt

Erste Anlaufstelle, die eine Überweisung an Fachärzte oder Therapeuten veranlassen kann.

Fachärztin oder Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie

Diagnostik, Behandlung und ggf. medikamentöse Unterstützung.

Psychotherapeuten
Idealerweise mit Spezialisierung auf Traumatherapie.

Traumazentren und Traumaambulanzen
Häufig an Universitätskliniken; ggf. ist eine Kostenübernahme über das Opferentschädigungsgesetz möglich.

Opferhilfe-Einrichtungen

z.B. Weißer Ring e. V., der Betroffene nach Gewalttaten unterstützt.

Traumaangebote der Bundeswehr
Für Soldatinnen und Soldaten mit einsatzbedingten Traumatisierungen.

Selbsthilfegruppen
Angebote in der Nähe findet man bei Nakos – Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen

Traumafolgestörung: Was können Betroffene selbst tun?

Patienten können aktiv zu ihrer eigenen Stabilisierung beitragen. Das gilt ungeachtet der Tatsache, ob Betroffene eine ambulante Therapie machen oder in einer Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie teil- oder vollstationär behandelt werden. Folgendes kann die Stabilisierung unterstützen:

  • Regelmäßige körperliche Aktivität, z. B. Spaziergänge oder moderater Sport, unterstützt den Stressabbau und verbessert die Schlafqualität.
  • Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen, z. B. Atemübungen, progressive Muskelrelaxation oder achtsamkeitsbasierten Techniken, helfen bei der Regulierung von Stress und Übererregung.
  • Soziale Unterstützung, etwa durch vertraute Personen oder Selbsthilfegruppen, mindern Gefühle der Isolation und können den Genesungsprozess fördern.
  • Verzicht auf Alkohol und Drogen, da diese die Traumafolgestörung-Symptome langfristig verstärken und die Wirksamkeit der Therapie beeinträchtigen können.
  • Ein strukturierter Tagesablauf mit festen Schlaf- und Essenszeiten wirkt stabilisierend und erleichtert die Alltagsbewältigung.
  • Im Alltag ist es wichtig, Überlastung zu vermeiden und Pausen einzuplanen, um Rückfällen und Symptomverstärkung vorzubeugen.

Häufige Fragen zum Thema „Traumafolgestörung“

Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine spezifische Form der Traumafolgestörung. Weitere Diagnosen in diesem Bereich sind etwa die komplexe posttraumatische Belastungsstörung (KPTBS) oder die Anpassungsstörung. Eine PTBS kann nach einem einmaligen, wiederholten oder länger andauernden traumatischen Ereignis entstehen, etwa nach Unfällen, Naturkatastrophen, Gewalterfahrungen oder Krieg. Typische Symptome sind wiederkehrende, belastende Erinnerungen an das Geschehen (Intrusionen oder Flashbacks), Vermeidungsverhalten, eine anhaltende innere Anspannung sowie Veränderungen im Denken und Fühlen, die das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen können.

Vorbeugen im eigentlichen Sinn ist nicht möglich, wohl aber die Minimierung von Risiken durch stabile soziale Beziehungen, gesunde Lebensführung, den Aufbau von Resilienz und den frühzeitigen Zugang zu professioneller Unterstützung.

Bekanntermaßen entwickeln nicht alle Menschen nach einem belastenden Erlebnis eine Traumafolgestörung. Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings erhöht, wenn bestimmte Faktoren zutreffen:

  • Traumaart und -intensität: Besonders riskant sind interpersonelle Traumata (z. B. körperliche oder sexuelle Gewalt, Missbrauch, Folter, Kriegserfahrungen). Auch komplexe Traumata, also wiederholte oder langandauernde Erlebnisse ohne Möglichkeit zur Flucht, erhöhen das Risiko deutlich.
  • Alter: Kinder und Jugendliche sind verletzlicher, da sich ihr Gehirn und ihre Stressregulationssysteme (z. B. die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse, HPA-Achse) noch in der Entwicklung befinden.
  • Vorerfahrungen: Eine Traumatisierung in der Kindheit, eine psychische Vorerkrankung (z. B. Depression, Angststörung) oder fehlende Resilienzfaktoren machen die Ausbildung einer PTBS wahrscheinlicher.
  • Soziale Faktoren: Fehlende soziale Unterstützung, Ausgrenzung oder Stigmatisierung nach dem Ereignis wirken sich negativ aus, während stabile soziale Bindungen schützen können.
  • Biologische Unterschiede: Studien zeigen, dass genetische Vulnerabilität, epigenetische Veränderungen sowie geschlechtsspezifische Unterschiede (Frauen entwickeln häufiger PTBS als Männer) eine Rolle spielen.

Besonders gefährdet sind also Personen mit frühen oder wiederholten Traumatisierungen, unzureichender Unterstützung und einer biologischen oder psychischen Vorbelastung.

Die Dauer hängt von der konkreten Form der Störung ab. Akute Belastungsreaktionen klingen in der Regel innerhalb weniger Tage ab. Von einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) wird erst gesprochen, wenn die Symptome länger als vier Wochen bestehen. Die Behandlungsdauer variiert je nach Schwere und Ausprägung, umfasst jedoch bei anhaltenden psychischen, körperlichen oder psychosomatischen Beschwerden häufig mehrere Monate und kann bei chronischen oder komplexen Verläufen auch Jahre betragen.

Studien mit bildgebenden Verfahren wie der Magnetresonanztomographie (MRT) zeigen, dass sich bei Patienten mit Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) bestimmte Bereiche des Gehirns in ihrer Größe verändert können:7

  • Hippocampus: Diese Region, die wichtig für das Einordnen von Erinnerungen ist, ist bei PTBS-Betroffenen häufig verkleinert, vor allem auf der linken Seite.
  • Amygdala: Im Vergleich zu gesunden Menschen zeigen sich kleinere Volumina. Im Vergleich zu anderen Menschen, die ebenfalls traumatisiert wurden, aber keine PTBS entwickelt haben, bestehen jedoch keine eindeutigen Unterschiede.
  • Anteriorer cingulärer Cortex (ACC): Auch hier sind Volumenminderungen zu finden. Dieser Bereich spielt eine zentrale Rolle bei Aufmerksamkeit und Gefühlsregulation.

Solche Veränderungen erklären, warum Betroffene oft Schwierigkeiten haben, ihre Emotionen zu steuern, Erinnerungen richtig einzuordnen oder aufmerksam zu bleiben.

1 Universität Bielefeld: “Posttraumatische Belastungsstörung”, https://www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/psychologie/abteilung/arbeitseinheiten/07/forschung/schlaf/ptbs/, (Datum des Zugriffs: 04.09.2025)

2 Walter H et al.: „Psychische Störungen in der ICD-11“, In: Nervenheilkunde 2024; 43: 167–176, S. 169, Online abrufbar unter https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/a-2216-7277.pdf, (Datum des Zugriffs: 04.09.2025)

3 Eberle, D., Maercker, A.: „Belastungsbezogene Störungen in der ICD-11“, In: Die Psychotherapie, 3/2024, veröffentlicht online in Springer Medizin, https://www.springermedizin.de/posttraumatische-belastungsstoerung/anpassungsstoerung/belastungsbezogene-stoerungen-in-der-icd-11/26605950, (Datum des Zugriffs: 04.09.2025)

4 Ebd.

5 Sonnenmoser, M.: „Posttraumatische Belastungsstörung: Mit komplexer, komorbider Symptomatik“, In: Deutsches Ärzteblatt, 10/2004, https://www.aerzteblatt.de/archiv/posttraumatische-belastungsstoerungen-mit-komplexer-komorbider-symptomatik-546cc9a4-fc9b-4b89-be68-b941b8194a36, (Datum des Zugriffs: 04.09.2025)

6 Schäfer, I., Gast, U., Hofmann, A., Knaevelsrud, C., Lampe, A., Liebermann, P., Lotzin, A., Maercker, A., Rosner, R., Wöller, W. (2019): „S-3 Leitlinie Posttraumatische Belastungsstörung“, Springer Verlag, Berlin., https://register.awmf.org/assets/guidelines/155-001l_S3_Posttraumatische_Belastungsstoerung_2020-02_1.pdf, (Datum des Zugriffs: 04.09.2025)

7 O’Doherty DC, Chitty KM, Saddiqui S, Bennett MR, Lagopoulos J.: „A systematic review and meta-analysis of magnetic resonance imaging measurement of structural volumes in posttraumatic stress disorder”. Psychiatry Res. 2015 Apr 30;232(1):1-33. doi: 10.1016/j.pscychresns.2015.01.002.  Epub 2015 Jan 30. PMID: 25735885, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25735885/, (Datum des Zugriffs: 04.09.2025)

 

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